Foto: John Thomas, Wales ca. 1885, Llyfrgell Genedlaethol Cymru / The National Library of Wales
Die Reise vor ein paar Wochen nach Boston war ein Beispiel dafür, was man als Multimedia-Arbeiter mittlerweile alles auf die Beine stellt. Geplant waren in nur zwei Tagen mehrere Termine an mehreren Orten, bei denen das ganze Panorama meines Equipments zum Einsatz kam. Die Videoausrüstung und der Satz Lampen (in Worcester) sowie die Radiomikrofone und das Aufnahmegerät (in Watertown und Hartford). Und der Notitzblock für neue Themenideen (in Boston).
Das Entscheidende ist die Terminplanung und alles so zu arrangieren, dass man tatsächlich genug Zeit hat, um zu reisen, auf- und abzubauen und noch die Gespräche zu führen, wegen deren man gekommen ist. Je öfter man das Prozedere einübt, desto normaler erscheint es einem irgendwann. Zumal viele Gesprächspartner flexibel genug sind und Verständnis für die zeitlichen Vorgaben haben, die man mitbringt. Aber ebenfalls nicht zu unterschätzen ist die reine Transportkonstellation. Man kann solche Projekte nur umsetzen, wenn man mit einem Auto fährt. Anders lassen sich die vielen Taschen und Koffer nicht so ohne weiteres mitschleppen. Und selbst dann darf man froh sein, wenn es vom Parkplatz nicht so weit ist bis zum Drehort und alles, was man braucht auf die Sackkarre passt und der Rest im Rucksack getragen werden kann.
Es wäre alles etwas anders, wenn es für die einzelnen Jobs hohe Honorare gäbe. Dann könnte man sich Assistenten leisten, die den weniger kreativen Teil der Arbeit übernehmen. Die sich freundlicherweise darum kümmern, dass hinreichend Batterien da sind und Abzweigdosen für die Stromkabel, genug Videobänder und Platz auf dem Datenträger im Audioaufnahmegrät. Dass die Linsen der Kamera flusenfrei geputzt sind und die Kamera waagerecht auf dem Stativ steht und nicht etwa leicht gekippt. Dass die drahtlose Mikrofonanlage richtig eingestellt ist und funktioniert und dass der Kontrollmonitor angeschlossen ist. Aber davon ist in meiner Welt nicht die Rede. All das hat unsereins selbst zu bewerkstelligen. Und zwar immer auf die Gefahr hin, dass jede kleine Unachtsamkeit oder Vergesslichkeit einen Fehler produziert, den man hinterher nicht mehr wettmachen kann.
Ich stelle bei solchen Reisen allerdings immer wieder fest, dass so viele Handgriffe und Kontroll-Checks schon fast automatisiert sind. Ich kenne meine Ausrüstung. Ich kann mich auf sie verlassen. Sie bietet hochwertige Ergebnisse und verschleiert in vielen Situationen dankenswerterweise, dass ich nicht Kameramann bin, nicht Toningenieur, kein Lichtspezialist und kein Aufnahmeleiter. Ich bin dann immer wieder froh, dass ich bei der Anschaffung all dieser Geräte nicht zu sehr auf den Dollar geschaut habe. 10.000 Dollar werden es wohl gewesen sein. Ich habe übrigens noch nie genau nachgerechnet, aber ich glaube – wenn überhaupt – dann habe ich diese Ausgaben im Laufe der Zeit so gerade mal eingespielt.
Soviel zur Kosten-Nutzen-Analyse, die sich vermutlich jeder macht, eher er sich überlegt, ob er in solch eine Grundausstattung investiert. „The cost of doing business“ nennt man das hier. Was nicht mehr heißt als: wir haben als freie Journalisten kaum noch eine andere Wahl. Nicht, wenn wir da weitermachen wollen, wo uns die neuen digitalen Techniken und die medialen Möglichkeiten hingeschubst haben.
Am Heiligabend um 10.50 Uhr in der Reihe „Profil“ auf Deutschlandradio Kultur kommt zumindest ein erstes Ergebnis der Reise nach Boston zum Tragen. Es ist das Porträt eines erfolgreichen Geigenbogenbauers, der vor kurzem von der MacArthur Foundation als einer der Genies ausgezeichnet wurde, die im Laufe der nächsten fünf Jahre insgesamt 500.000 Dollar erhalten werden. Nicht, dass ich davon nicht gerne etwas ab hätte. Aber das ist nicht der Punkt. Es würde mich schon freuen, wenn zum Beispiel dieser Beitrag im Laufe der Zeit mehr als einmal ausgestrahlt würde. Das Thema – und der Mann – hätten es verdient.
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