Manchmal denke ich, ein Teil der ach so schönen Zukunft liegt bereits hinter uns. Zumindest dann, wenn ich angelegentlich feststelle, welche Qualität in der Produktion von Videos man mit iPhones erzielt. Gestern bei einer Party, die sich zur Überraschung fast aller Gäste als ziemlich aufwändige Hochzeitsfeier entpuppte, habe ich das erneut erlebt. Bei einer Fingerübung in Sachen Dokumentarfilm.
Schon klar. Es hapert am Ton, besonders, wenn man sich nicht nah genug an die handelnden Personen heranrobbt oder wenn laute Hintergrundgeräusche hineinplärren. Den Apparat still zu halten, ist auch nicht einfach. Doch wenn man solche Schwierigkeiten einkalkuliert und sich beim Drehen hinreichend Gedanken zur Gestaltung des Films macht, kommt durchaus ein passables Resultat dabei heraus. Verbesserungsfähig gewiss, aber stilistisch bereits ziemlich brauchbar. So etwas wie ein Baustein auf dem Weg zu einer dokumentarischen Bildsprache, die Anleihen bei den YouTube-Amateuren macht und Ideen einer anspruchsvollen Erzählweise aufgreift. Ein Stück Hybrid-Kultur. Wahrscheinlich werden weniger als 5 Prozent aller iPhone-Besitzer das Potenzial ihrer Apparate erkennen und nutzen und noch sehr viel weniger die Fähigkeit besitzen, die Aufnahmen sinnvoll zu schneiden.
Das soll jemanden, der das Handwerk beherrscht, eigentlich eher ermuntern. Ob man angesichts der allgemeinen Marktlage als Videograph allerdings Geld verdienen kann, vermag ich nicht abzuschätzen. Ich weiß nur, dass das Hochzeitsvideo, das ich gestern gedreht und heute geschnitten habe, nach alter Rechenart mehr als 1000 Dollar wert ist. Da ich es dem Ehepaar schenken werde, werden wir gar nicht erst in die Verlegenheit kommen, seinen Marktpreis auszuhandeln.
Fast alles, was zur Zeit in der Medienwelt passiert, macht die Preise kaputt, weil außer im Radio und im Fernsehen nirgendwo mehr ein Sinn für das Erzeugen von Qualität regiert. Jemandem solch ein Video zu schenken, trägt natürlich exakt dazu bei. Aber das ist nicht halb so gravierend wie die Tatsache, dass professionelle Fotografen immer mehr angehalten werden, so ganz nebenbei auch noch Videos zu drehen und zu schneiden, was oft in unvorhersehbare technische Probleme mündet, weil sich die Welt nun mal nicht locker flockig mit diesen komplexen Geräten abbilden lässt. Nicht mal, wenn mal alles auf Automatik stellt. Für eine einzelne Person ist es im entscheidenden Moment einfach zu viel verlangt, Kamera- und Tontechnik im Griff zu haben. Das zeigt die Erfahrung immer wieder. Aber solange die Preise für diese Arbeit nicht steigen, lassen sich auch keine besseren Arbeitsbedingungen herstellen. Und ob sie steigen, wage ich nicht zu prophezeien.